Martin Blankemeyer for Stadtrat – Kommunalwahl am 15. März 2020

Am 15. März sind Kommunalwahlen in Bayern – in München werden an/bis zu diesem Termin der Oberbürgermeister, der Stadtrat und die Bezirksausschüsse gewählt. Filmwerkstatt-Vorstand Martin Blankemeyer kandidiert dabei sowohl für den Stadtrat (auf Platz 40 der grünen Liste) als auch für den Bezirksausschuß Schwabing-Freimann (auf Platz 6). Im folgenden Interview haben wir ihn befragt, warum man ihn bzw. überhaupt wählen sollte:

Martin, Du kandidierst bei der Münchner Kommunalwahl – warum?

Mit der Filmwerkstatt engagiere ich mich seit vielen Jahren für bessere Arbeitsbedingungen für Filmschaffende, kluge Film- und Rundfunkpolitik, umfassende Nachwuchsförderung, lebenslanges Lernen und ähnliche Themen. Irgendwann war ich an dem Punkt, an dem ich gemerkt habe, daß man alleine nicht mehr allzuviel erreichen kann. Da ist es in einer Demokratie wie der unseren nur folgerichtig, sich einer Partei anzuschließen, um dadurch mehr Leverage und mehr Durchsetzungsoptionen für seine Anliegen zu bekommen.

Aber warum bei den Grünen – es heißt doch immer, nur bei der CSU hätten sie Filmpolitik verstanden?

Die Grünen erleben gerade einen enormen Boom, sowohl die Wahlergebnisse als auch die Mitgliederzahlen betreffend. Daran müssen sie nun ihre Strukturen anpassen, und da ist viel Bedarf für gute Leute, die inhaltlich arbeiten können und wollen. Es ist sozusagen andersrum wie bei der SPD: dort gibt es viele Funktionäre für immer weniger Mandate. Bei den Grünen ist Raum für Menschen, die mitgestalten wollen. Und wer weiß – vielleicht kommt es irgendwann selbst in Bayern zu einer grünen Regierungsbeteiligung…

In der grünen Stadtratsfraktion in München gab es jedenfalls in der jetzt zu Ende gehenden Legislaturperiode außer dem Fraktionsvorsitzenden, der natürlich auch anderweitig vielbeschäftigt ist, plus minus niemanden, der sich besonders für Kulturpolitik interessiert hätte. Dabei ist das ein wichtiges Thema im Stadtrat und in der Verwaltung und sollte von jemandem vertreten werden, der die Szene und ihre Akteure auch kennt. Da sehe ich mich, wenn auch noch nicht für alle Kunstsparten gleichermaßen, und das paßt extrem gut zu den Themen, die ich schon aus der und für die Filmwerkstatt bearbeite, und deshalb habe ich mich da zur Kandidatur entschlossen.

Das heißt, du bist aus rein taktischen Motiven zu den Grünen gegangen und nicht nur CSU?

Überhaupt nicht! Ich schätze an den Grünen, daß sie Programmpartei sind und nicht Umfragen hinterherlaufen. Daß wir im Moment einen guten Lauf haben, liegt daran, daß wir die richtigen Themen besetzen. Auch wenn der überwiegende Teil der konkreten Vorschläge, die die Grünen machen, kurzfristig gedacht eher zu meinem persönlichen Nachteil wäre. Anfang der 90er Jahre hatte ich eine Freundin, die war im Bundesvorstand der Schülerunion, ihr Vater im Top-Management eines internationalen Versicherungskonzerns. Trotzdem hat er sein Leben lang und als einziger in seiner Familie die SPD gewählt. Er sagte mir dazu: „Ich brauche keine Partei, die etwas für mich tut. Ich kann mir selber helfen. Ich wähle eine Partei, die denen hilft, die sich nicht selber helfen können.“ Das hat mich extrem beeindruckt und bis heute beeinflußt, und ein bißchen so ist es bei mir jetzt auch. Wenn wir uns selbst und nachfolgenden Generationen eine lebenswerte Welt erhalten wollen, dann müssen wir jetzt etwas für die Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen tun, und everything comes at a price. Und ich habe keine Zweifel, daß ich selbst in einer Welt mit Veggieday und Tempolimit, also wenn die reichlich albernen Horrorvisionen von der grünen Ökodiktatur wahr würden, für mich einen Weg finden würde, das Leben zu genießen.

Welche Politikfelder liegen dir denn besonders am Herzen?

Ich komme von der Filmpolitik, die ein Hybrid ist zwischen Kulturpolitik, Wirtschaftspolitik und inzwischen ganz extrem auch Digitalisierung, und das sind daher auch die Themen, die mir am Herzen liegen. Kultur ist die Grundlage unserer Zivilisation. Bildende Kunst, Darstellende Kunst, Film, Literatur, Musik und alle anderen Künste generieren Sinn und Identität und sind damit unverzichtbare Grundlage für ein friedliches Zusammenleben aller Menschen. Grüne Kulturpolitik steht unter den Überschriften Freiheit, Offenheit, Partizipation, Diversität, Transparenz und Demokratie. Für die Stadt München bedeutet das, daß wir eine mit den Kunstschaffenden gemeinsam erarbeitete umfassende Kulturentwicklungsplanung brauchen, die offenlegt, wie wir in München planvoll und verläßlich Kulturförderung betreiben. In der Wirtschaftspolitik stehe ich für die Interessen der kleinen und mittleren Unternehmen und dafür, daß Erfolg und damit auch Unterstützung nicht primär nach shareholder value, sondern eher nach Faktoren wie Nachhaltigkeit und Gemeinwohl bemessen wird. Und last not least würde ich gerne helfen, den angeblichen Widerspruch zwischen Freiheitsrechten einer- und den Vergütungsansprüchen der Urheber andererseits aufzulösen, wie er zuletzt in der Debatte um Uploadfilter im Internet hochgekocht ist – auch wenn das als Thema nun wirklich zu groß ist für die Münchner Kommunalpolitik.

Außerdem engagiere ich mich – das hat mehr mit meiner Familie zu tun, in der es fanatische Nazis gab – gegen Antisemitismus und für Israelsolidarität. Es geht nicht an, daß es ausgerechnet die Erben der Täter des Holocaust sind, die die einzige Demokratie im Nahen Osten belehren, was dort angeblich alles falsch gemacht wird. Israelkritik ist oft nichts als mehr oder weniger geschickt getarnter Antisemitismus, und es ist mir ein Herzensanliegen, mich vor unsere jüdischen Mitbürger und ihren Zufluchtsort zu stellen.

Wie sind denn Deine Chancen, zu diesen Themen auch konkret im Stadtrat arbeiten zu können?

Der Stadtrat und deshalb auch die Listen der einzelnen Parteien haben jeweils 80 Plätze – ich stehe bei den Grünen (Liste 2) auf Platz 40. Das bedeutet, daß ich bei unveränderter Liste erst reinkäme, wenn wir 50 Prozent der Stimmen holen würden – das ist extrem unrealistisch. Aber das bayerische Kommunalwahlrecht ist ein reines Personenwahlrecht, man wählt eigentlich überhaupt keine Partei/Liste, sondern nur einzelne Kandidaten. Wenn mir also mehr Leute eine bis ja maximal drei Stimmen geben als den Leuten vor mir auf der Liste dann würde ich „hochrutschen“ und käme evtl. auch in den Stadtrat. Bei 1,1 Millionen Wahlberechtigten ist das aber ein ziemlich hoffnungsloses Unterfangen, da kann man in seiner kleinen Nische noch so bekannt sein, aber das sind die anderen Kandidaten ja auch alle. Wer will, daß ich reinkomme, muß mir also bitte nicht nur selbst drei Stimmen geben, sondern auch einige Leute davon überzeugen, das ebenfalls zu tun, die dann wiederum jeder einige Leute überzeugen müssen und so weiter – nur so könnte es klappen.

Das klingt jetzt nicht gerade aussichtsreich – also ist Dein Wahlkampf doch eher vergebliche Liebesmüh?

Ganz und gar nicht! Es ist ja nun nicht so, daß ich nicht genug zu tun hätte, und von daher ist es gar nicht schlimm, wenn der Kelch an mir vorübergeht. Ich habe aber im Zuge der Kandidatur natürlich die vielen anderen tollen Leute kennengelernt, die da mit mir auf der Liste stehen und die mich wahrnehmen als Ansprechpartner für diese Themen, und auf die ich künftig auch selbst zugehen kann mit konkreten Vorschlägen bis hin zum Stadtratsantrag. Dafür, daß ich noch nicht mal seit einem Jahr Mitglied meiner Partei bin, funktioniert das wirklich unerwartet gut: so werde ich z.B. am 12. März auf einem Podium zum Thema „Filmstandort München“ unsere grüne Oberbürgermeisterkandidatin Katrin Habenschaden vertreten – sie und ihr Team waren der Meinung, wenn man schon einen Spezialisten für dieses Thema auf der Liste hat, sollte der da auch hingehen. Das ist ein toller Vertrauensbeweis und zeigt, daß hier genau die Einfluß- und Gestaltungsmöglichkeiten entstehen, wegen denen ich mich einer Partei angeschlossen habe.

Nun ist München bezogen auf die Wahl eine Stadt der Superlative – 17 Listen mit je 80 Kandidaten bescheren den Münchnern den größten Stimmzettel der Republik. Ganz schön unhandlich für die Wahlkabine, oder?

Naja, wem kumulieren und panaschieren zu kompliziert ist, der kann ja auch einfach eine Liste ankreuzen – das führt dann dazu, daß jeder auf der Liste eine Stimme bekommt. Wer ein paar Kandidaten herausheben will, sei es auf eben dieser Liste (kumulieren) oder auf anderen (panaschieren), verteilt dazu einzelne Kreuze (bis maximal drei pro Kandidat), die werden dann bei der Liste einfach abgezogen und die unten auf der Liste bekommen dann keine Listenstimme. Das ist neben der Aufmerksamkeit auch die einzige Bedeutung der Listenreihenfolge.

Und wem selbst das zu kompliziert erscheint, der kann und sollte schon jetzt Briefwahl beantragen, dann kann er am 15. einfach zu Hause bleiben, egal wie das Wetter wird und ob da draußen irgendwelche Viren fliegen. Das geht ganz einfach, jeder kann das bereits online beantragen unter www.briefwahl-beantragen.de/Bayern/Muenchen – und wie die Briefwahl funktioniert, erklärt unsere grüne OB-Kandidatin Katrin Habenschaden unter www.gruene-muenchen.de/briefwahl-in-muenchen

Wichtig ist vor allem, überhaupt zu wählen – es kandidieren schließlich auch die Nazis von der AfD und der BIA, und je mehr Stimmen für Kandidaten anderer Parteien abgegeben werden, desto weniger Prozente bekommen die und desto weniger Vertreter von denen sitzen die nächsten sechs Jahre in den Kommunalparlamenten, um diese von innen zu zerstören. Daher ist die Kernbotschaft hier bei der Filmwerkstatt erstmal: geht bitte alle wählen und wählt, was ihr gut findet. Natürlich freue ich mich über Stimmen für mich bzw. die Grünen, aber auch ein SPD- oder CSU-Wähler macht etwas sehr richtig, er verteidigt mit seiner Stimmabgabe nämlich unsere Demokratie.

Vielen Dank für das Interview!