Neu im Programm: Was bringen mir Fimfestivals und -Filmmärkte?

Die Berlinale und der European Filmmarket sind zu Ende, Cannes steht mit Festival und Marchè du Film vor der Türe. Doch welchen Nutzen haben Filmfestivals und Filmmärkte eigentlich, abgesehen von der Präsentation vor Publikum und Prämierung durch eine Jury? Neben den außen- und medienwirksamen Veranstaltungen wie dem Roten Teppich und den glanzvollen Preisverleihungen wirken Filmfestivals und -märkte vor allem im Businessbereich: Denn auf den Plattformen werden wichtige Kontakte geknüpft, Netzwerke gepflegt, Rechte verkauft und Filme in den Vertrieb gebracht. Um die Festival- und Filmmarktsaison optimal für das eigene Projekt einsetzen zu können, haben wir nun erstmalig in unserem Programm das Seminar Filmfestivals und -märkte richtig nutzen am 11. und 12. März mit Dozent Thorsten Schaumann. Das Seminar findet im Hybridmodus statt, d.h. es ist möglich online oder vor Ort in München teilzunehmen.

Dozent Thorsten Schaumann ist seit 2017 Künstlerischer Leiter der Internationalen Hofer Filmtage, davor arbeitete er als Rechtever- und -einkäufer weltweit auf Film Festivals in Berlin, Cannes, Tokyo, Pusan, Hong Kong, etc. für die Bavaria Film International sowie anschließend für Sky Deutschland. Im Interview erzählt uns Thorsten für Wen ein Filmmarkt bzw. -festival relevant ist und warum es für die Branche so wichtig ist, diese Termine auch zu besuchen.

Dozent Thorsten Schaumann
(Foto ©Chris Hirschhäuser Hofer Filmtage)

Thorsten, warum ist ein Filmfestival für die Branche mehr als Roter Teppich und Auszeichnungen?
Ein Filmfestival ist immer „Fest“ und Markt. Die gezeigten Filme werden sichtbar für Publikum und Branche. Neben dem Roten Teppich ist ein Film Festival automatisch Präsentations-, Austauschplattform sowie Talentbörse. Denn parallel zu den Premieren finden viele Meetings und andere Veranstaltungen statt, die formell, meistens informell ablaufen.

Was unterscheidet ein Filmfestival von einem Filmmarkt?
Für mich ist das Filmfestival wie eine Art Schaufenster zur Öffentlichkeit, wo eine kuratierte Auswahl als Erstangebot präsentiert wird. Der Filmmarkt findet hinter dem Schaufenster, quasi an der ‚Ladentheke‘ statt. Dort wird das Business gemacht. Häufig sind Film Festival und Filmmarkt auch komplett getrennt organisiert, wie bspw. in Berlin die Berlinale und der European Film Market.

Für wen ist ein Filmfestival bzw. ein Filmmarkt relevant?
Im Endeffekt für alle Branchenbeteiligten. Und das ist sicherlich Fluch und Segen zugleich. Deswegen ist dabei wichtig, sein Ziel vor Besuch der Veranstaltung zu definieren. Darauf aufbauend gilt es zu entscheiden, zu welcher Veranstaltung ich gehe und ob ich primär das Festival und/oder den Markt besuche. Häufig sind ja Filmfestival und -markt eins.

Was kann ich bei einem Festival/ Filmmarkt wirklich erreichen?
Ich kann mich über aktuelle Trends informieren, mein Netzwerk ausbauen, ggf. auch international, ein eigenes/n Projekt/Film präsentieren und bestenfalls die Rechte daran verkaufen.

Wie schaffe ich als Neuling den Einstieg, um mein Projekt auf Filmmärkten bzw. bei Festivals richtig zu platzieren?  
Grundlage ist eine professionelle Projektpräsentation, in die es sich lohnt, viel Zeit zu investieren. Dann überlege ich mir, welches Film Festival für meine Präsentation das richtige ist. Danach wird es konkret: Teilnehmer*innenlisten checken, Vorabgespräche führen, Termine vereinbaren, etc. Durch die Vorabgespräche gibt es wichtige Infos, die für den finalen Film und die Wahl des Festivals entscheidend sein können. Im Idealfall wird das Projekt bei einem Weltvertrieb platziert. Das hilft enorm für die Festivalarbeit.  

Welche wichtigen Festivals/ Märkte sollte man unbedingt nutzen?
Erstgenannte sind die großen, internationalen Film Festivals in Cannes, Venedig, Locarno, Toronto und Berlin, um nur einige zu nennen. Aber es gilt genau abzuwägen, was ich erreichen möchte und kann. Ein nationales und oder regionales Event ist u.U. viel effektiver.  

Aus Deiner Sicht als Künstlerischer Leiter der Hofer Filmtage – welchen Rat kannst Du jungen Filmschaffenden geben?
Es ist ein sehr großer Luxus der Filmbranche, dass wir beim Feiern Arbeiten dürfen. Dabei gilt es Ziele und Ideen zu verfolgen. Greift Geschichten auf, die wirklich was erzählen. Die Herausforderung besteht darin, sich nicht von anderen „schleifen“ lassen Dabei die Freude und Leidenschaft für das Filmemachen nutzen: Be prepared – jeder Moment kann Business sein. 

Vielen Dank für das Interview, Thorsten!

Wer mehr über das Seminar am 11. und 12. März 2023 sowie die Anmeldeoptionen zu online oder vor Ort wissen will, findet unter www.filmseminare.de/filmfestivals-maerkte alle nötigen Infos.

Eine stets aktualisierte Übersicht auf all unsere Seminare und dem jeweiligen Veranstaltungsort ist auf unserem Buchungsportal unter www.filmseminare.de zu finden. Antworten auf häufige Fragen z.B. zu Ort, Uhrzeiten, Unterkunft, Anmeldung u.v.a.m. finden sich unter www.filmseminare.de/muenchen/faq – die dort niedergelegten Regelungen sind gleichzeitig auch unsere Vertragsbedingungen.
Nicht vergessen: Bis 14 Tage vor dem Seminartermin bieten wir noch den Frühbucherrabatt an.

Filme machen ohne Geld – Workshops mit Filmwerkstatt-Vorstand Martin Blankemeyer

Filmwerkstatt-Vorstand Martin Blankemeyer hält seit rund zehn Jahren Workshops für Filmemacher, die Projekte jenseits der gängigen Finanzierungswege mit Förderern und/oder Sendern machen wollen bzw. müssen. Warum er das tut und was genau die Teilnehmer in den Workshops erwarten können, erläutert Martin Blankemeyer im Interview mit Elena Preine:

Wie bist du dazu gekommen, Workshops für No-Budget-Produktionen zu geben?

Ich wurde angesprochen, als ich gerade von der Filmhochschule kam und dort meinen Abschlussfilm gemacht hatte. Da hab ich erzählt, dass ich im Studium zwar viel gelernt habe, aber eben auch vieles, was ich nicht gebrauchen konnte und noch viel wichtiger vieles nicht, was ich hätte gebrauchen können. Wie beispielsweise, dass mir jemand erklärt, wie ich Leute dazu kriege, mir bei meinem Film zu helfen, auch wenn ich sie nicht bezahlen kann. Dementsprechend habe ich es selbst herausfinden müssen mit diversen Fehlleistungen und dann dachte ich, dass man diese Erfahrung, die ich nun habe, an andere weitergeben sollte. Es gibt einen Riesenbedarf dafür und es gab niemanden, der das gemacht hat.

Was ist der Hintergrund des Workshops? Warum ist es wichtig, dass er stattfindet?

Gerade wer anfängt, wird von den klassischen Financiers ignoriert. Um sich dorthin zu arbeiten, von denen wahrgenommen zu werden, muss man irgendwie anfangen. Und das erst einmal ohne Geld. Viele Leute haben beispielsweise nicht die Chance, eine Filmhochschule zu besuchen und so müssen sie den Teufelskreis des unbekannten Filmemachers durchbrechen. Im Gegenzug hat man in der Situation ja aber auch Vorteile, weil man wenig Kompromisse machen muss. Wenig Geld bedeutet viel Freiheit.

Wer ist also die konkrete Zielgruppe des Workshops?

Die Zielgruppe sind Leute, die Filme machen wollen und sich bei den klassischen Finanzierungsquellen kaum Hoffnungen machen können. Entweder, weil sie zu unbekannt sind, oder weil sie Projekte haben, die dort kaum Aussicht auf Erfolg haben. Ich versuche den Leuten von meinen Erfahrungen, die ich teilweise für teures Geld machen musste, etwas weiterzugeben. Der Regelbetrieb sitzt natürlich da und sagt „Geht nicht.“ Stimmt aber nicht. „Geht schon. Man muss einfach machen.“

Wie lange geht der Workshop und was ist darin enthalten?

Ich mache meist zweitägige Veranstaltungen, in denen wir das Thema theoretisch durchkauen. An Filmschulen und so mache ich aber auch längere Workshops, in denen wir dann wirklich produzieren – unter dem Motto „Something from Nothing“.
In den zweitägigen Workshops gehen wir erstmal durch eine ganz normale Kalkulation einer Spielfilmproduktion. Punkt für Punkt überlegen wir uns Antworten auf die Frage „Schön wärs, wir haben aber kein Geld. Was können wir tun?“ Dann reden wir darüber, wie man an Rechte kommt, wenn man sie nicht bezahlen kann und wie man ein Team findet, wenn man es nicht bezahlen kann. Dabei sprechen wir auch darüber, warum Menschen bei Filmen mitmachen, wenn es keine materiellen Gründe gibt. Der erste Tag beschäftigt sich also mit der Ausgabenseite. Das ist der spannende Teil an No-Budget-Produktionen.

Am zweiten Tag gebe ich gerne noch einen Überblick über den Anfang des Filmemachens und die Frage „Wo gibt es denn Geld?“. Wir gucken uns also Finanzierungsquellen an. Sowohl die regulären, aber auch ganz stark die alternativen Finanzierungsquellen. Von crowd funding über „automatische“ Förderungen bis hin zu inhaltlichen Finanzierungsansätzen entlang des Themas eines Films.

Martin Blankemeyer (Photo: Peter Boettcher)

Worin besteht für dich die Notwendigkeit von No-Budget-Produktionen?

Es gibt zwei große Anwendungsfälle. Das eine ist, den Teufelskreis des Unbekanntseins zu durchbrechen. Da ist der Wille, Filmemacher zu sein, aber keiner kennt dich. Du musst anfangen zu machen, und am Anfang ist es nicht unwahrscheinlich, dass die regulären Strukturen dir nicht helfen. Das andere sind die inhaltlichen Überzeugungstäter. Es gibt Filme, die würden in unserer Förderlandschaft, von unseren Sendern nicht gemacht werden. Das können z.B. Genrefilme sein oder auch politisch unkorrekteres, mutiges Kino.

Wie haben sich No-Budget-Filme im Laufe der Jahre entwickelt?

Die Digitalisierung bedeutet eine große Demokratisierung. Als ich angefangen habe, Filme zu machen, hat man das Geld für Kamera und Filmmaterial ausgegeben. Heute haben wir alle ständig eine Kamera dabei, mit der man tolle Geschichten erzählen kann als Nebenfunktion im Smartphone. Für alles, was über Inhalt funktioniert, reichen diese Produktionsmittel weitgehend aus. Das war vor zehn Jahren noch nicht so und so müssen sich heute wesentlich weniger Leute abschrecken lassen. Wir kommen so der Möglichkeit der Zero-Budget-Produktion im Wortsinn immer näher, weil Kosten, die früher unvermeidbar waren, weitgehend verschwinden.

Siehst du auch kritische Punkte bei No-Budget-Produktionen, wie beispielsweise, dass Leute umsonst arbeiten?

Die Kritik, die ich immer wieder höre, verstehe ich wirklich nicht. Ich hab nie das Gefühl gehabt, dass jemand umsonst arbeitet. Die Motivationen, sich zu beteiligen, sind vielfältig, und Geld ist nur eine davon. Es gehen ja auch nicht nur Leute Fußballspielen, weil Ihnen ein Bundesligaclub dafür Millionen zahlt.

Seit ein paar Jahren gibt es nun den Mindestlohn. Wie lässt sich das mit No-Budget-Produktionen vereinbaren?

Wir haben nun eine klare Aussage, dass Arbeitnehmer bezahlt werden müssen, und zwar nicht irgendwann, sondern sofort. Die Lösung heißt in meinen Augen, dass man sehr klarmacht, dass es sich nicht um Arbeitsverhältnisse handelt dann fällt auch kein Mindestlohn an. Schauspieler beauftragen Produzenten, um ihnen Szenen für Ihr Showreel zu drehen  da ist der Schauspieler alles, aber kein Arbeitnehmer. Es gibt ehrenamtliches Engagement, weil man Dinge wichtig findet, und es gibt Praktika zur Berufsorientierung oder im Rahmen eines Studiums. Und last but not least kann man überlegen, ob man so eine Produktion als Koproduktionsgemeinschaft machen kann. Dann ist jeder Produzent, stellt seine Leistung bei und ist am Erfolg beteiligt.

Wer an einem Workshop mit Martin Blankemeyer teilnehmen will, findet z.B. hier Gelegenheit:

No-Budget-Workshops in Berlin, Frankfurt am Main und München

Fußball, Tennis oder Golf kommen einem in den Sinn, wenn man an riesige Industrien denkt, in der die Gelder nur so fließen  – aber genauso an unzählige Menschen, die diesen Sportarten auch ohne finanzielle Interessen oder professionalisierte Strukturen mit unaufhaltsamer Begeisterung nachgehen. Beim Filmemachen ist es nicht anders. Abseits von Hollywood oder etablierten deutschen Förderstrukturen gibt es unzählige aktive Filmliebhaber, die ihre einzigartigen Projekte und Filmideen mit wenig bis gar keinem Geld umsetzen möchten.

Filmwerkstatt-Vorstand Martin Blankemeyer hat eine ganze Reihe von solchen Low- und No-Budget-Produktionen erfolgreich ins Ziel gebracht, von seinem eigenen Regie-Abschlußkurzfilm „Der Tag der Befreiung“ über die Filmakademie-Abschlußfilme „nichts bereuen“ und „Das Verlangen“ und den Löwen-Gewinner „Die Frau des Polizisten“ bis hin zum einen Debüt als Kinoproduzent „Der Rote Punkt“, für das er mit dem Bayerischen Filmpreis als „Bester Nachwuchsproduzent“ ausgezeichnet wurde.

Nun gibt er als Dozent das Wissen weiter, das es braucht, um unabhängig und erfolgreich Filme zu machen.

Die nächsten drei Termine des Workshops mit dem provozierenden Titel „Filme machen ohne Geld“ finden statt:

am 1. und 2. Juli 2017 im Filmhaus Babelsberg – Informationen und Anmeldung unter www.filmhausbabelsberg.de/filme-machen-ohne-geld

am 16. und 17. September 2017 im Filmhaus Frankfurt – Informationen und Anmeldung unter www.filmhaus-frankfurt.de/Seminar-NoBudget-Filmproduktion-in-der-Praxis

am 17. und 18. März 2018 in der Münchner Filmwerkstatt – Informationen und Anmeldung unter www.filmseminare.de/low-budget-spielfilm